Pflegekräfte, die in der 24-Stunden-Betreuung tätig sind, müssen für die Einreise nach Österreich aus Risikogebieten wie Rumänien oder Bulgarien negative PCR-Tests, die nicht älter als 72 Stunden sind, mitführen. Andernfalls werden sie an der Grenze abgewiesen. Diese Maßnahme ist aus gesundheitspolitischen Gründen nachvollziehbar, es kommt aber zunehmend zu logistischen Problemen, welche für die 24-Stunden-Betreuung zur großen Herausforderung werden.
Rodica C. pendelt nun schon seit knapp 8 Jahren zwischen Rumänien und Österreich, um hier ihrer Arbeit als selbständige Personenbetreuerin in der 24-Stunden-Pflege nachzugehen. Das vergangene halbe Jahr konnte sie aufgrund des Corona Lock-downs und der eingeschränkten Reisemöglichkeiten nicht arbeiten. Ihre Kollegin musste hingegen monatelang durcharbeiten. Nachdem die Grenzschließungen aufgehoben wurden, kann sich Rodica C. nun endlich auf den Weg zu ihrem Arbeitsplatz in Österreich machen.
Dass ein negativer PCR-Test, der nicht älter als 72 Stunden sein darf, als Einreisebedingung nach Österreich von den österreichischen Behörden verlangt wird, das weiß sie. Rodica C. meldet sich daher 3 Wochen vor der geplanten Reise bei einem Labor in Arad – eine Stadt in Westrumänien – an. Fast zu spät, wie ihr mitgeteilt wird, denn Voranmeldungen sind mindestens ein Monat vor dem Test zu machen. Der Andrang ist enorm, da nicht nur 24-Stunden-Betreuerinnen nach Österreich zur Arbeit müssen, sondern tausende Arbeitnehmer aus verschiedenen Branchen.
Am vereinbarten Tag – am Vortag der geplanten Reise nach Österreich – reist Rodica C. von ihrem Heimatort in die 80km entfernte Stadt Arad. Dort wird der erforderliche Abstrich gemacht, die Auswertung dauert 24 Stunden. Das bedeutet eine Nacht im Hotel. Rodica C. zahlt das Hotel und hofft auf Verständnis der Familie in Österreich, damit diese für die Mehrkosten aufkommt. Ob das klappt, weiß sie zu diesem Zeitpunkt nicht. Wahl hat sie ohnehin keine, denn sie muss nach so langer Pause wieder arbeiten.
Am nächsten Tag fährt Rodica C. zum Labor, denn die Testergebnisse sollen ab 12 Uhr abholbereit sein. Dort angekommen wartet sie geduldig – 2 Stunden vergehen. Sie hat noch genügend Zeit, denn der Bus fährt um 17 Uhr. Als sie um 15 Uhr noch immer kein Testergebnis erhalten hat, macht sie auf ihre Situation und die geplante Abreise nach Österreich aufmerksam. Doch in derselben Lage befinden sich sämtliche Wartende: alle haben ihre Abreise geplant, viele von ihnen müssen ihre Kolleginnen am Folgetag ablösen, da diese ihrerseits die Heimreise bereits gebucht haben.
Die Labormitarbeiterin, welche die Testergebnisse ausgibt, bittet um Aufmerksamkeit: „Aufgrund des hohen Andrangs ist es uns nicht weiter möglich, die Testergebnisse auch noch zu übersetzen. Ab sofort werden alle Testergebnisse in rumänischer Sprache ausgestellt. Übersetzen müssen Sie das woanders lassen.“ Um 16 Uhr hält Rodica C. nun endlich ihr negatives PCR-Testergebnis in der Hand, das aber noch übersetzt werden muss. Der Bus geht in einer Stunde.
Rodica C. weiß sich keinen Rat mehr, denn mit diesem Testergebnis wird sie die Grenze nicht passieren dürfen. Sie informiert die Kollegin, die Agentur, die Familie. Auch beim Fahrtendienst ruft sie an, um mitzuteilen, dass sie einen negativen PCR-Test hat, wobei die Übersetzung ins Englische oder Deutsche fehlt. Dort erfährt sie, dass es anderen Fahrgästen ähnlich geht. Schnell wird über den Fahrer noch ein Übersetzungsbüro kontaktiert – die erste Zwischenstation nach der Abfahrt. Mit 3-stündiger Verspätung macht sich der Bus dann auf in Richtung Österreich. Hoffentlich kommt es zu keinen langen Grenzwartezeiten oder Staus auf der Strecke, damit die geplanten Wechsel in der Personenbetreuung lückenlos vollzogen werden können.
Diese Gesamtsituation hat entscheidenden Einfluss auf die Qualität der 24-Stunden-Betreuung, denn rasche Wechsel wie bei einem Krankheitsfall einer Betreuungskraft sind so gut wie unmöglich. Lange Vorlaufzeiten verhindern die rasche Organisation einer Ablöse, und auch bei einem regulären Wechsel ist es aufgrund der Überlastung der Labore nicht immer sichergestellt, dass dieser auch wie geplant durchgeführt werden kann. Diese Belastung für die 24-Stunden-Betreuung wird hoffentlich bald durch die Errichtung von Teststraßen an den Grenzen entschärft, die ja schon seit längerer Zeit beschlossen ist. Denn die Verantwortung der Testdurchführungen in die Hände von Staaten zu legen, deren Gesundheitssysteme schon langfristig mit gravierenden Problemen kämpfen, kann keine Dauerlösung sein.
perfekt-betreut.at, August 2020